Samstag 18.04.2020 11:00
Karlsruhe und die Hartz-IV-Sanktionen
mit Jens Petermann
Tagung zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Forderung nach Aufhebung aller
Sanktionen gem. § 31 des SGB II wegen angeblicher Pflichtverletzungen Betroffener
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Impulsreferate:
„Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 05.11.2019"
Jens Petermann (Richter am Sozialgericht Gotha und Initiator der Klage vor dem Bundesverfassungsgericht zu den HARTZ-IV-Sanktionen)
„Sanktionierungen im SGB II und ihre Wirkung auf die Leistungsempfänger"
Donald Gärtner (Hartz IV -Betroffener)
Und Diskussion mit Susanne Ferschl (MdB, stellv. Vorsitzende der Fraktion Die Linke im
Bundestag)
Eine Veranstaltung des Arbeitskreises „Arbeitsgesetzbuch" der Rosa-Luxemburg-Stiftung,
der Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg sowie der Fritz-Teppich-Bibliothek im freiLand
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Die Tagung wird sich unter anderem auf der Grundlage des Berichtes des Deutschen
Sozialgerichtstages zur Anhörung vor dem Bundesverfassungsgericht und dessen Urteil mit
den Problemen der Sanktionen im SGB II und deren Auswirkungen auf die Betroffenen und
den Problemkreisen „ Kompetenzen und Delegierung von Befugnissen " und den „ Leitlinien
Fördern und Fordern " befassen.
Gegenstand der Klage war die Forderung nach Aufhebung aller Sanktionen gem. § 31 des SGB II wegen angeblicher Pflichtverletzungen Betroffener, da die Sanktionen das Grundgesetz verletzen, indem sie ein menschenwürdiges Existenzminimum wie auch die Menschenwürde und die Freiheit zur Entfaltung der Persönlichkeit verhindern.
Die Klage machte deutlich, dass der unmittelbar aus der Verfassung bestehende Leistungsanspruch des Hartz IV- Empfängers auf ein „... menschenwürdiges
Existenzminimum, das die physische Existenz ebenso umfasst, wie die gesellschaftliche,
kulturelle Teilhabe ..." mit den bestehenden Sanktionen negiert wird.
Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil vom 05.11. 2019 nun endlich nach 14
Jahren die dem Grundgesetz widersprechende Sanktionspraxis in den Hartz IV - Regelungen
teilweise aufgehoben. Es geht dabei um die sofortige Aufhebung der existenzbedrohenden
Sanktionsregelungen von 60 % und 100 % der Transferleistungen einschließlich der
Unterkunfts- und Heizungskosten.
Damit wurde jedoch nur ein Teilerfolg erzielt, denn das Gericht belässt die Beibehaltung der Sanktionen in Höhe von 30 %. Hier wird noch immer deutlich, dass die jetzigen Gesetze großes Potenzial enthalten, den Weg in Richtung Prekarisierung weiter zu verschärfen. Gerade durch die sogenannte Mitwirkungspflicht, die häufig auch noch fehlerhaft gewertet wird und die nur den Betroffenen verpflichtende Wiedereingliederungsvereinbarung bleibt der Zustand der Rechtlosigkeit.
Wie hieß es bereits in einer Petition am 29.10. 2009 in den Deutschen Bundestag: "... Die
Sanktionierung mit Hunger oder mit gesellschaftlicher Ausgrenzung steht auf derselben Stufe
wie die Sanktionierung durch unmittelbar staatliche Gewalt ..."
Wir wollen mit unserer heutigen Tagung dazu beitragen, dies zu verhindern und alle
Sanktionen des Hartz IV-Regimes aufheben und letztlich Hartz IV ganz beseitigen.