"This is what democracy looks like!"*
Ein paar Worte zur FH-Besetzung
"This is what democracy looks like!"*
Die selbsternannten Meinungsmacher*innen der lokalen Medien und Parteien formulieren gerade eine Deutungshoheit dazu was Demokratie in der Stadt sei, die peinlich eindeutig ist. Denn letztlich meint die Weise wie die Besetzung der FH und der gesamte stadtpolitische Protest gegen die geplante Stadtumstrukturierung als undemokratisch de-legitimiert werden soll: "ihr seid zu spät" denn "wir haben entschieden" und jetzt seid ruhig und fügt euch.
Dieses Verständnis von Demokratie will erreichen, dass die notwendige Debatte darum was die Stadt braucht, für wen und wo, beendet wird bevor sie anfängt. Aber wer profitiert davon und wem tut das gut?
Das Anrufen der hehren Demokratie und der krampfhafte Versuch eine Militanzfrage zu inszenieren sind Nebelkerzen, die verschleiern sollen, dass was vor über 10 Jahren entschieden wurde heute längst nicht mehr Mehrheit oder gar Konsens ist.
Die Zeit und die Stadt haben sich gewandelt und heute ist erst richtig sichtbar, was mit dem Wiederaufbau einer verloren gemeinten preussischen Pracht verloren geht. Ob die Leitbauten von damals Entwicklungsrichtungen aufzeigen, die uns und der Stadt gut tun ist mehr als fraglich.
Statt aber diesen Wandel mitsamt den aktuellen Herausforderungen (Wohnungskrise) anzuerkennen und die Suche nach besseren Lösungen zu wagen, zementiert die medial und politisch inszenierte Meinungshoheit den status quo: sie hält an Ideen von gestern fest, ignoriert Gegenstimmen selbst wenn es Tausende sind und versteckt sich hinter zehnjährigen Beschlüssen und einer Bürokrat*innenpolitik, bei der Gerichte festlegen wie ein Volksbegehren richtig formuliert sein muss. Augen zu und durch ist die Devise.
Die Besetzung ist daher eine notwendige und legitime Artikulation von Dissens. Der zudem ausgesprochen konstruktiv ist: denn gefordert wird doch ein Moratorium das Zeit und Raum geben soll für die Debatte über Sinnhaftigkeit bestehender Pläne und Möglichkeiten besserer Alternativen. Eine Forderung die Akteure mit Ideen und Erfahrungen ins Spiel bringt, die in den letzten 10 Jahren Stück für Stück aus der Mitte verdrängt wurden - oder sie noch nie als ihre erleben konnten. Jetzt aber drängen sie zurück und sie haben Gegenpläne dabei.
Wenn Demokratie wirklich so begrenzt wäre dass zehn Jahre alte Beschlüsse ausreichten, solchen Einspruch zu delegitimieren, dann wären wir arm dran. Dass das Verständnis von Demokratie nicht herrschaftlich aufgedrängt oder zementiert sondern permanent weiter entwickelt werden muss zeigen doch die vielen Debatten um direkte Demokratie und Demokratisierung.
Noch ein letzter Kommentar zur Legitimation von Besetzungen gerade für die jüngere Stadtgeschichte: ohne Hausbesetzerinnen, die sich dem Zeitgeist der Kahlschlagssanierung widersetzten sähen weder Kreuzberg noch Prenzlauer Berg heute so aus wie sie tun. Ohne Besetzungen wäre wohl auch Potsdams historische Altstadt vollends verfallen wie es die Leitlinie der DDR Stadtentwicklungspolitik vorsah. Das sollten gerade jene Akteur*innen wissen, die damals diesen Wandel aktiv mitbewirkten. Heute als Establishment betreiben sie aber nun eine derart rigorose Kahlschlagsanierung, dass Protest provoziert, Alternativen eingefordert werden und erneut Besetzungen den politischen Handlungsspielraum lokaler Demokratie erweitern. Und das ist auch gut so für die Stadt und die die hier wohnen.
*Slogan, der in den Occupy Protesten prominent und laut wurde
#Stadtmitte für Alle
#bittestehenlassen #rechtaufstadt